FT/SNG-Reallabor
Nummer: | 101471 |
Akronym: | FT/SNG-Reallabor |
Titel (deutsch): | Reallabor zur Herstellung von FT-Treibstoffen und SNG aus Biomasse und biogenen Reststoffen für die Land- und Forstwirtschaft |
Projektstart: | 18.11.2019 |
Projektende: | 24.07.2020 |
AuftragnehmerIn: | Technische Universität Wien |
Projektleitung: | Univ.Prof.Dipl.Ing.Dr. Hermann Hofbauer |
Finanzierungsstellen: |
Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus |
Wissenschaftszweig: | TECHNISCHE WISSENSCHAFTEN / Technische Chemie, Brennstoff- und Mineralöltechnologie / Brennstofftechnologie / TECHNISCHE WISSENSCHAFTEN |
Zielsetzung
Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie soll zunächst ein konkretes Projekt betrachtet werden. Dazu würde sich eine 15 MW DFB-Vergasungsanlage (Dual Fluid Bed, Zweibettwirbelschicht) anbieten, die als Reallabor ausgestattet werden soll und ein Modul zur Produktion von FT-Diesel (Fischer Tropsch – Diesel) und ein Modul für SNG (Synthetisches Natural Gas, Synthetisches Erdgas) beinhaltet. Die Produktion von Diesel (einfüllfertig in den Traktor, fossiler Diesel zu 100 % ersetzbar) und die Produktion von SNG (einspeisefähig ins Erdgasnetz) könnte mittels einer Investitionsförderung und zusätzlich durch Erlöse durch die Abgabe von Produkten finanziert werden. Für eine derartige Anlage würde sich die BLT in Wieselburg als möglicher Standort anbieten, da die BLT die beste Einbindung in Richtung Landwirtschaft garantieren kann.Im Rahmen der Studie soll zunächst das zu errichtende Reallabor bestehend aus einer DFB-Vergasung mit 15 MW Brennstoffwärmeleistung (letztgültiger technischer Standard mit den Erfahrungen aus den bisherigen industriellen Anlagen), einer entsprechenden Gasreinigung, einem FT-Modul und einem SNG Modul dargestellt und projektiert werden. Neben der technischen Ausarbeitung soll auch eine ökonomische Abschätzung zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit durchgeführt werden. Da es sich hier um ein Reallabor handelt (Aufgabe neben der Produktion auch die Demonstration und weitergehende technische Entwicklung im Sinne der Qualitätsverbesserung der Produkte und Vereinfachung der Verfahren), sollen auch die damit angestrebten Aufgaben und Entwicklungsziele im Rahmen dieser Studie dargelegt werden.
In weiterer Folge soll die Machbarkeitsstudie das ganze Projekt (inklusive Ausrollungen weiterer Anlagen) durchexerzieren und aufzeigen, welche regulatorischen und ökonomischen Rahmenbedingungen für dessen Realisierung vom Brennstoff bis zum Endkunden Landwirt notwendig sind (z.B. Marktprämien, Investitionsförderungen, Abnahmeverpflichtungen, Haftungsübernahmen für die Fahrzeuge, oder ähnliches). Erklärtes Ziel ist in weiterer Folge ein (idealerweise genossenschaftliches) System zu etablieren, in dem sich die Landwirte selbst ihre Treibstoffe produzieren und ohne Betriebsförderungen auskommen können.
Im Endeffekt geht es darum, zu evaluieren, ob ein derartiges Projekt technisch und ökonomisch möglich ist und wie ein Weg aussieht, die Rahmenbedingungen so vorzuschlagen (z.B. steuerlicher Erleichterungen, Abnahmeverpflichtungen über Quote ins Erdgasnetz), sodass für das breite Ausrollen der Technologie keine Betriebs-Förderungen notwendig sind.
Die Durchführung dieser Machbarkeitsstudie erfolgt sinnvoller Weise unterteilt in einzelne thematische zusammenhängende Aufgabenstellungen (Tasks 1-5), die naturgemäß auch aufeinander aufbauen und es wird auch ein Informationsfluss zwischen den Tasks erfolgen. Die Studie wird federführend vom Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften der TU Wien durchgeführt bzw. geleitet, wobei für die entsprechenden Tasks bei Bedarf auch Experten von anderen wissenschaftlichen Institutionen beigezogen werden.
Bedeutung des Projekts für die Praxis
Der fortschreitende Klimawandel macht es unabdingbar, möglichst rasch konkrete und wirk-same Maßnahmen einzuleiten, um weitergehende Folgen für Mensch und Natur zu verhin-dern. Dabei sind alle Branchen gefordert, entsprechende Konzepte zu erarbeiten und auch rasch umzusetzen. Für die Land- und Forstwirtschaft heißt das kompakt zusammengefasst „Raus aus dem Öl“.Der Energieverbrauch der Landwirtschaft ist mit 22 PJ vergleichsweise gering und entspricht auch nur etwa 10 % der derzeit bereits eingesetzten Bioenergie. Umso mehr stellt sich die Frage, warum sich nicht die Land- und Forstwirtschaft selbst die nötigen Treibstoffe und synthetisches Erdgas aus Holz bzw. aus biogenen Reststoffen und Abfällen produziert? Wesentliche Kernkomponenten der dafür erforderlichen Technologien wurden in Österreich entwickelt und sind nun - auch weitgehend industriell erprobt - großtechnisch verfügbar.
Die erforderlichen Ressourcen in Bezug auf Holz und biogene Rest- und Abfallstoffe sollten vorhanden sein, wenn man davon ausgeht, dass die Wärme- und Stromerzeugung aus Biomasse künftig keine großen Wachstumsmärkte darstellen. Einerseits, da der Wärmebedarf in künftigen Gebäuden abnehmen und andererseits Strom aus anderen erneuerbaren Quellen kostengünstiger herstellbar sein wird. Für die Umstellung der kompletten Landwirtschaft auf Bioenergie wären etwa 1-2 Millionen Tonnen Biomasse bzw. biogenen Reststoffe und Abfälle erforderlich.
Der dadurch von der Land- und Forstwirtschaft erzielbare Beitrag zur Reduktion des CO2-Ausstosses wäre beispielgebend für andere Branchen und auch die damit verbundene Reduktion des CO2 Footprints der Produkte könnte mittelfristig auch Wettbewerbsvorteile ergeben. Die Land- und Forstwirtschaft könnte damit ein erster Wirtschaftszweig mit voll-ständiger Energieversorgung aus erneuerbarer Energie sein.
Mit einer derartigen Umstellung wird weiters die Abhängigkeit von zugekauften Treibstoffen (fossil als auch erneuerbar) minimiert und damit die Krisensicherheit erhöht. Aktuelle Ausgaben für den Diesel in der Land- und Forstwirtschaft liegen bei ca. 300 Millionen Euro bei Gesamtausgaben für die Energie in diesem Sektor von 500 Millionen Euro. Würde die Produktion der Treibstoffe und des Erdgases unter Einhaltung bestimmter Mindestgrößen für die Produktionsanlagen regional verteilt in Österreich erfolgen, würde zusätzlich eine maxi-male Wertschöpfung in den Regionen erzielt werden.